Kulturdschungel Kambodscha

Krieg, Hungersnot und Armut beherrschten die letzten Jahrzehnte das Leben in Kambodscha. Dabei hat der krisengeschüttelte Nachbar Thailands Einiges zu bieten: Die Tempel von Angkor Wat sind eines der spektakulärsten architektonischen Gebilde, das je von Menschenhand geschaffen wurde. Der größte Süßwassersee Asiens, der Tonlé Sap, mit einer jahreszeitlich abhängigen Fläche von 2.700 bis 25.000 Quadratkilometern, ist Lebensgrundlage für Mensch und Tier. Und auch die Bergvölker im kambodschanischen Dschungel bergen viele Geheimnisse. Zwischen Licht und Dunkel wechselte das Land über Jahrhunderte, nun findet Kambodscha erst langsam seinen Platz in der Welt. Umso interessanter ist ein Blick auf die Kultur.

Dschungel der Geschichte: Kolonialherrschaft, Bürgerkrieg und Völkermord

Das einst prächtige und zivilisierte Khmer-Reich hat in den letzten Jahrzehnten viel Grausames erleiden müssen. Ende des 19 Jahrhunderts nahmen Thailand und Vietnam Teile Kambodschas ein. Um nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden ließ sich der damalige König auf einen Deal mit Frankreich ein. Frankreich wurde zur Schutzmacht, de facto aber auch zum Kolonialherrscher im Land. Erst Mitte des 20. Jahrhunderts begann Kambodschas Kampf um die Unabhängigkeit, die Frankreich ihnen gewährte. Gleichzeitig bildete sich in Paris ein marxistischer Zirkel aus kambodschanischen Studenten, die sich später „Rote Khmer“ nennen sollten. Nach der Unabhängigkeit 1953 regierte der damalige König und Präsident Sihanouk noch weitere 16 Jahre, bis ein Putsch 1970 alles ins Wanken brachte. Während eines Urlaubs des Präsidenten, schaffte der vorherige Premierminister Lon Nol die Monarchie ab und rief eine Republik aus. Er zeigte sich jedoch unfähig, das Land zu regieren.

Währenddessen rief Sihanouk von Peking aus zum Widerstand auf und bereitete so den Roten Khmer den Weg zur Machtübernahme. In einem Bürgerkrieg gegen die Regierung rissen sie die Macht an sich und leiteten damit die dunkelste Periode in der Geschichte des Landes ein. Unter den Roten Khmer wurden 20-30% der Bevölkerung direkt oder indirekt umgebracht. Hungersnöte und Krankheiten verschlimmerten den Prozess. 1979 wurden sie zwar wieder verjagt, führten jedoch ihren Krieg im Untergrund weiter. Erst 1991 kam es mithilfe der UN zu einem gemeinsamen Friedensvertrag. Extremere Gruppierungen der Roten Khmer verübten jedoch bis ins 21. Jahrhundert Attentate auf die Bevölkerung oder entführten Touristen. Bis heute dauert die Aufarbeitung der Völkermorde an. Viele Gerichtsverfahren sind noch längst nicht abgeschlossen.

Dschungel der Verhaltensweisen – die Begrüßung in Kambodscha

Zur Begrüßung legen die Kambodschaner traditionell die Hände wie beim Gebet zusammen und verneigen sich. Je höher die Hände gehalten werden und je tiefer die Verbeugung ist, desto mehr Respekt wird der gegenüberstehenden Person gezollt. Allerdings hat sich mittlerweile vielerorts auch der Handschlag durchgesetzt. Es ist also entschuldbar, wenn man als Ausländer nur die Hand gibt. Man sollte jedoch in keinem Fall die Handfläche mit ausgestreckten Fingern nach oben halten. Das wird als Beleidigung aufgefasst.

Ähnliches gilt für die Füße: Wer seine Fußsohlen auf andere Leute richtet gilt als unhöflich. Besonders bei heiligen Stätten oder Gegenständen, sollte man hier aufpassen. Übrigens dürfen Mönche keine Frauen berühren! Das sollte man akzeptieren und in diesem Fall Berührungen zur Begrüßung sein lassen. Will eine Frau einem Mönch etwas geben, so platziert sie den Gegenstand einfach in seiner Reichweite.

Dschungel der Währung: Riel, Dollar und Baht in Kambodscha

Die offizielle Währung in Kambodscha ist der Riel. Allerdings kann man den Dollar ebenso gut als erste Währung einordnen. Dieser wird überall akzeptiert, das Rückgeld bekommt man allerdings meist in Riel. Im Westen des Landes, an der Grenze zu Thailand, ist außerdem der thailändische Baht weit verbreitet. Als Besucher ist es hilfreich parallel in allen drei Währungen zu rechnen. Übrigens hatte Kambodscha in den 70er Jahren überhaupt kein Bargeld. Die Roten Khmer schafften es damals ab und sprengten das Gebäude der Nationalbank. Vielleicht sind die Kambodschaner deshalb heute so großzügig mit ihren Währungen.

Dschungel der Verkehrsregeln: Chaotischer Straßenverkehr in Kambodscha

Im kambodschanischen Straßenverkehr herrscht Anarchie! Sollte es Regeln geben, so hält sich keiner daran. Vielmehr gilt: Der Stärkere gewinnt. Auch Ampeln scheinen viele Kambodschanern eher als freiwilliges Hilfsmittel zu sehen – aber nicht als Muss. So kommt es, dass auch gerne mal bei Rot gefahren wird. Sind an Kreuzungen keine Ampeln vorhanden, so versuchen des Öfteren Linksabbieger zunächst auf der linken Spur zu fahren, um sich dann rechts einzufädeln, sobald sich eine Lücke ergibt! Trotz des Chaos, scheinen die Kambodschaner mit ihrem System vertraut. Als Ausländer ist man jedoch schnell überfordert. In der Hauptstadt Phnom Penh sollte man trotzdem stark auf die Verkehrsregeln achten. Dort kontrolliert die Polizei gerne und meist bei Ausländern.

Dschungel des Sports: Kickbox-Enthusiasten und Fußball-Begeisterte

Nationalsport in Kambodscha ist das Kickboxen. Das kambodschanische Kickboxen gleicht denen der Thai. Allerdings sollte man sich davor hüten, es Thaiboxen zu nennen. Regelmäßige Wettkämpfe kann man sich im TV oder live in den Arenen anschauen.

Daneben sind die Kambodschaner fußballverrückt. Zwar spielt das Nationalteam weltweit und selbst in Asien nur eine geringe Rolle, doch das stört die Einheimischen herzlich wenig. Stattdessen verfolgen sie akribisch die Premiere League und schließen Wetten ab.

Immer beliebter wird auch das französisches Spiel pétanque, eine Variante des Boule. In regionalen Wettkämpfen war das Nationalteam bisher recht erfolgreich.

Dschungel des Essens und Trinkens: Gegrillte Vogelspinnen und Schlangenschnaps

In Kambodscha isst man vor allem Fisch. Lieferant sind die reichhaltigen Angebote des Süßwassersees Tonlé Sap und des Mekong. Daneben ist der Reis Grundnahrungsmittel Nummer eins. Besonders beliebt ist das Gericht „Amok“, ein kambodschanisches Fischcurry mit Kokoscreme. Gemüse, Obst, Salat und Fleisch werden ebenso gegessen. Allerdings kann es in der kambodschanischen Küche schon auch einmal exotischer werden: Gegrillte Vogelspinnen, Insekten, Algen, Innereien und Frösche sind keine Seltenheit.

Was den Körper am Leben erhält, kann auch gegessen werden, so das Motto! Auch ein Getränk ist sehr gewöhnungsbedürftig: Der sogenannte Kobraschnaps soll dem Körper Kraft verleihen, gegen Krankheiten helfen und die Potenz fördern. Den Namen bekam er nicht von irgendwo: Tatsächlich wird eine Kobra in eine Flasche gelegt und mit Reiswein übergossen. Eine andere Variante ist es, das Blut der Kobra mit dem Reiswein zu mischen. Das Getränk kommt ursprünglich aus Vietnam. Aber keine Sorge, auch in Kambodscha kann man ganz normal Bier, Wein, Schnaps, Wasser, Saft, Tee oder Kaffee trinken.

Weitere interessante Fakten zu Kambodscha

🙂 40% der Einwohner Kambodschas sind jünger als 16 Jahre. Die jahrelangen Konflikte und das brutale Vorgehen der Roten Khmer hatten einen Großteil der älteren Bevölkerung ausradiert.

🙂 9 Millionen der etwa 16 Millionen Einwohner Kambodschas sprechen Khmer. Da Frankreich jedoch Jahrzehnte Kolonialmacht im Land war, kann man sich mit den Einheimischen ebenso auf Französisch verständigen. Auch mit Englisch kommt man meist weiter.

🙂 Kambodschas einstiger König und Staatsführer Sihanouk war Filmenthusiast und produzierte viele selbst. Als in seinem ersten Film Aspara (Himmlische Nymphe) von 1965 ein militärischer Aufmarsch gedreht werden sollte, musste kurzerhand die Luftwaffe einspringen.

🙂 Kambodscha ist aufgrund seiner jüngeren Geschichte das minenreichste Land der Erde. Täglich werden ca. 15 Menschen durch Minen verletzt. Man sollte also niemals die vorgeschriebenen Pfade verlassen.

von Katja Beck

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